Grund dafür ist häufig § 550 BGB, der vorschreibt, dass Mietverträge, die für eine längere Zeit als ein Jahr geschlossen sind, der gesetzlichen Schriftform bedürfen. Wird diese nicht eingehalten, gilt der Vertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen, was bedeutet, dass der Mietvertrag ordentlich, also ohne Angabe eines Grundes, in der gesetzlichen Frist des § 580a BGB kündbar ist.
Diese Regelung stellt für beide Vertragsparteien, insbesondere im Gewerbemietrecht (da im Wohnraummietrecht Mietverträge regelmäßig nicht befristet abgeschlossen werden), ein erhebliches wirtschaftliches Risiko und eine Planungsunsicherheit dar. Dies betrifft nicht nur Vermieter, die bei Bau- oder Sanierungsmaßnahmen oft erhebliche Kosten verauslagen, die sich erst über die gesamte Festmietzeit amortisieren, sondern auch Mieter, die auf eine langfristige Nutzung des Mietobjekts angewiesen sind.
I. Schriftform nach § 550 Satz 1 BGB
Die gesetzliche Schriftform erfordert, dass alle wesentlichen Inhalte des Mietvertrages - wie beispielsweise die Bezeichnung der Vertragsparteien, der genaue Umfang des Mietobjekts, die Laufzeit und die Miethöhe - in einer einheitlichen Urkunde schriftlich niedergelegt sein müssen, die von beiden Vertragsparteien handschriftlich unterzeichnet ist. Die Schriftform ist auch dann gewahrt, wenn von dem Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen werden und jede Vertragspartei die für die jeweils andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet. Für die Einhaltung der Schriftform des § 550 Satz 1 BGB ist es dann ausreichend, wenn die Vertragsparteien gleichlautende Vertragsurkunden unterzeichnen; Eines Zugangs dieser Urkunden beim jeweiligen Vertragspartner bedarf es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Az. XII ZR 129/16) insoweit nicht.
II. Früherer Ansatz: Schriftformheilungsklauseln
In der Vergangenheit wurden (und werden häufig auch heute noch) oftmals sogenannte Schriftformheilungsklauseln in Verträge aufgenommen, um Schriftformmängel zu beheben. Diese Klauseln verpflichteten die Parteien, im Falle eines Schriftformmangels die Schriftform herzustellen und auf eine Kündigung aufgrund von Schriftformverstößen zu verzichten. Der Bundesgerichtshof erklärte jedoch am 27.09.2017 (Az. XII ZR 114/16) solche Klauseln für unwirksam, da sie dem Schutzzweck des § 550 Satz 1 BGB widersprechen.
III. Entwurf des Bundesrates im Jahr 2020
Anfang 2020 brachte der Bundesrat einen Gesetzesentwurf ein (BT-Drucksache 19/17034), der vorsah, das ordentliche Kündigungsrecht wegen eines Schriftformverstoßes auf den Erwerber des Grundstücks, der bei Eigentumserwerb kraft Gesetzes in bestehende Mietverträge eintritt, zu beschränken. Zusätzlich sollte zum Schutz des Mieters die Kündigungsmöglichkeit des Erwerbers zeitlich begrenzt werden. Vorgesehen war dies durch eine Streichung des § 550 Satz 1 BGB und einen neu zu schaffenden Absatz 3 in § 566 BGB zu erreichen. Allerdings sah die damalige Bundesregierung diesen Entwurf als nicht geeignet an, da insbesondere im Wohnmietrecht kein Handlungsbedarf bestünde, und lehnte ihn ab.
IV. Geplante Änderung 2024: RegE - Bürokratieentlastungsgesetz IV
Im März 2024 legte die Bundesregierung den Entwurf des 4. Bürokratieentlastungsgesetzes vor, der vorsieht, das Erfordernis der Schriftform in § 550 Satz 1 BGB für Gewerbemietverhältnisse durch die Textform zu ersetzen. Gemäß § 126b BGB erfordert die Textform lediglich eine lesbare Erklärung, in der der Erklärende genannt ist und die auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird. Dies kann beispielsweise per E-Mail, SMS oder WhatsApp-Nachricht geschehen. Rein Mündliche Absprachen erfüllen die Textform nicht und würden – nach wie vor –zur Unwirksamkeit der Laufzeitvereinbarung – und damit zur ordentlichen Kündbarkeit des Mietvertrages - führen.
V. Vorteile der geplanten Gesetzesänderung
- Bürokratieabbau: Die Umstellung auf Textform reduziert den administrativen Aufwand und kann die Modalitäten des Vertragsabschlusses erheblich erleichtern. Ohne die Notwendigkeit, Dokumente physisch zu unterzeichnen und per Post zu versenden, werden Prozesse beschleunigt und vereinfacht.
- Digitalisierung: Die Integration moderner Kommunikationsmittel fördert die Digitalisierung und macht Prozesse effizienter. Dies entspricht dem allgemeinen Trend zur digitalen Transformation in vielen Bereichen der Wirtschaft und Verwaltung.
- Flexibilität und Effizienz: Verträge können schneller und flexibler abgeschlossen werden, was besonders in der dynamischen Geschäftswelt von Vorteil ist.
VI. Nachteile und Risiken der geplanten Gesetzesänderung
- Nachweisbarkeit: Vertragsänderungen in Textform könnten schwerer nachweisbar sein, was zu rechtlichen Unsicherheiten führen kann. Besonders in Streitfällen könnte es schwieriger sein, die Authentizität und den Inhalt von Vereinbarungen zu belegen.
- Schutzzweck des § 550 BGB: Der Informationsschutz des in den Mietvertrag eintretenden Grundstückserwerbers könnte beeinträchtigt werden. Ohne schriftliche Dokumentation könnte der Erwerber Schwierigkeiten haben, alle Vertragsdetails zu erfassen und rechtzeitig zu prüfen.
- Manipulationsgefahr: Die einfache Abänderbarkeit und das Fehlen von Unterschriften könnten die Manipulationsgefahr erhöhen. Digitale Dokumente und informelle schriftliche Vereinbarungen könnten anfälliger für Veränderungen und Fälschungen sein.
VII. Fazit:
Die geplante Änderung des Schriftformerfordernisses im Gewerberaummietrecht stellt einen bedeutenden Schritt in Richtung Bürokratieabbau und Digitalisierung dar. Sie bietet zahlreiche Vorteile, wie erhöhte Flexibilität und Effizienz, bringt aber auch Herausforderungen und Risiken mit sich. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Anpassung in der Praxis bewährt und welche weiteren Schritte zur Digitalisierung des Rechtswesens folgen werden. Bis zur Verabschiedung des Gesetzes ist es weiterhin ratsam, bei Vertragsabschlüssen und -änderungen auch im Gewerbemietrecht strikt auf die Wahrung der Schriftform zu achten.
Bei Fragen zur Gestaltung von Gewerberaummietverträgen und zur Einhaltung der gesetzlichen Schriftform beraten wir Sie gern.
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