Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers vertraglich ausschließen

Wird ein Vertragshändler, ähnlich einem Handelsvertreter, in die Vertriebsorganisation des Herstellers eingegliedert, kann er bei Vertragsbeendigung und

Geltung deutschen Rechts einen Anspruch auf Zahlung eines Ausgleichs haben. Wann dieser Anspruch besteht und wann dieser sich vertraglich ausschließen lässt, hängt von einigen Faktoren ab.

Die Rechtsprechung stützt den Anspruch auf Ausgleich auf eine Analogie zu § 89b Abs. 2 HGB, der für Handelsvertreter gilt. Als Antwort auf die Frage, wann eine Eingliederung in die Absatzorganisation des Herstellers vorliegt, hat die Rechtsprechung einen bunten Strauß von Indizien entwickelt:

  • Einräumung eines Alleinvertriebsrechtes,
  • Wettbewerbsverbot des Vertragshändlers,
  • Zuweisung eines bestimmten Markverantwortungsgebietes,
  • Pflicht zur Förderung des Absatzes,
  • zielbewusste Verkaufsbewerbung nach den Richtlinien des Unternehmers,
  • Vorhalten von Vorführprodukten,
  • Schulung des Verkaufspersonals,
  • Mindestabnahmemengen des Vertragshändlers,
  • Pflicht zur Vorhaltung eines Waren- und Einkaufsersatzteillagers,
  • Pflicht zur Erbringung von Kundendienstleistung,
  • Verpflichtung des Vertragshändlers zur Teilnahme an Messen,
  • Durchführung von Werbung,
  • Berichts- und Mitteilungspflichten des Vertragshändlers,
  • Kontroll- und Überwachungsbefugnisse des Unternehmers,
  • Zutrittsrecht des Unternehmers in die Geschäftsräume,
  • Weisungsbefugnis des Unternehmers,
  • Vorgabe der Zahlungs- und Lieferbedingungen,
  • Vorgabe der Einrichtung der Geschäftsräume und der Lagerhaltung.

Je mehr der vorgenannten Kriterien vorliegen, desto eher ist von der Eingliederung in die Vertriebsorganisation des Herstellers auszugehen.

Voraussetzungen für den vertraglichen Ausschluss

Eine weitere Voraussetzung ist, dass der Vertragshändler zumindest faktisch verpflichtet ist, die Kundendaten an den Hersteller herauszugeben. Nur dann ist es dem Hersteller möglich, auch künftig Vorteile aus der Vertriebstätigkeit seines Vertragshändlers zu ziehen.

Hinsichtlich der Möglichkeit, den Ausgleichsanspruch außer Kraft zu setzen (abzubedingen), gilt Folgendes:

Liegt das Marktverantwortungsgebiet des Vertragshändlers in Deutschland und ist auch das Herstellerunternehmen ein deutsches Unternehmen, so kann der Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers bereits analog § 89b Abs. 4 HGB nicht im Voraus ausgeschlossen werden.

Befindet sich das Marktverantwortungsgebiet des Vertragshändlers allerdings außerhalb Deutschlands, ändert sich die Rechtslage und zwar auch dann, wenn die Geltung deutschen Rechts vereinbart worden ist. Vertreibt der Vertragshändler die Produkte außerhalb der Europäischen Union (EU) und des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) ergibt sich dies bereits aus der für Handelsvertreter maßgeblichen Vorschrift des § 92c HGB.

Nach streitiger, aber wohl herrschender Auffassung kann der Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers auch dann wirksam ausgeschlossen werden, wenn das Marktverantwortungsgebiet innerhalb der Europäischen Union, aber außerhalb der Bundesrepublik Deutschland liegt. Dies gilt selbst dann, wenn das Recht des Mitgliedstaates einen Ausgleichsanspruch für Vertragshändler vorsieht. Anders als für Handelsvertreter – für sie ordnet das Europäische Recht in Art. 17 und 18 der Handelsvertreter-Richtlinie einen zwingenden Ausgleichsanspruch an – finden sich entsprechende Regelungen nicht für Vertragshändler. Dies ist auch die Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs (Ingmar/Eaton Entscheidung). Das OLG München vertritt weiterhin die Auffassung, dass der Ausschluss des Ausgleichsanspruchs auch formularmäßig erfolgen kann.

Zu beachten ist allerdings, dass teilweise aufgrund öffentlich-rechtlicher Schutzvorschriften in einigen Staaten ein zwingender Billigkeitsausgleich vorgesehen ist. Dies gilt zum Beispiel für Belgien – ein vertraglicher Ausschluss des Anspruchs auf eine Ausgleichszahlung an den Vertragshändler ist hier nicht möglich.

Dr. Bastian Koch