COVID-19-Pandemie: Bundesgesetze beschlossen!

Bundesgesetzgebung zum Corona-Maßnahmenpaket der Bundesregierung abgeschlossen!

Nach dem Bundestag am 25.03.2020 hat auch der Bundesrat in zwei Sondersitzungen zunächst am 25. und am 27.03.2020 das Corona-Maßnahmenpaket der Bundesregierung vom 23.03.2020 beschlossen, mit dem den Folgen der anhaltenden COVID-19-Pandemie begegnet werden soll. Der Gesetzgeber möchte mit einem Bündel an – befristeten – Maßnahmen und Gesetzen die erhebliche Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die wirtschaftliche Praxis abfedern.

Nicht zuletzt, weil die Änderungen zugleich auch Chancen in dieser schwierigen Zeit bieten, möchten wir Ihnen die wesentlichen Änderungen – wenn auch ohne Anspruch auf Vollständigkeit, so doch zumindest im Überblick – bereits vor deren Inkrafttreten skizzieren:


Insolvenzrecht

Die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrages gemäß § 15a InsO wird bis zum 30.09.2020 ausgesetzt, es sei denn die Insolvenzreife beruht nicht auf den Folgen der COVID-19-Pandemie oder es besteht keine Aussicht darauf, eine bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Bei einer am 31.12.2019 noch nicht eingetretenen Zahlungsunfähigkeit ist für den pandemiebedingten Eintritt der Insolvenzreife eine besondere Vermutung vorgesehen.

Soweit die Aussetzung greift, sehen die neuen gesetzlichen Regelungen zudem auch eine Reihe von Folgeanpassungen im Bereich der Geschäftsführer- bzw. Vorstandshaftung, Insolvenzanfechtung sowie der Rückgewähr und Besicherung von Krediten vor, auch soweit es Gesellschafterdarlehen und diesen gleichgestellte Rechtshandlungen angeht.

Für Gläubigeranträge ist ein vor dem 01.03.2020 eingetretener Insolvenzgrund erforderlich.

Zudem ist eine Verlängerung der geänderten Rechtslage bis zum 31.03.2021 möglich.


Gesellschaftsrecht

Um betroffene Unternehmen weiterhin in die Lage zu versetzen, trotz hoheitlicher Versammlungsbeschränkungen handlungsfähig zu bleiben, werden die gesetzlichen Vorgaben für das Abhalten von Haupt- und Gesellschafterversammlungen und die Fassung von Gesellschafterbeschlüssen u.a. für Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Genossenschaften im Jahr 2020 erleichtert.

So ist es möglich, dass

  • der Vorstand einer AG, KGaA oder SE auch ohne Satzungsermächtigung mit Zustimmung des Aufsichtsrats darüber entscheiden kann, dass
    • Aktionäre im Wege elektronischer Kommunikation ihre Stimme abgeben,
    • Mitglieder des Aufsichtsrats mittels Ton- und Bildübertragung teilnehmen,
    • die Stimmabgabe per Briefwahl erfolgt oder
    • die Hauptversammlung ohne physische Präsenz der Aktionäre abgehalten wird,
  • zur Hauptversammlung unter kürzerer Ladungsfrist von bis zu 21 Tagen einberufen und diese während des gesamten Geschäftsjahres abgehalten wird,
  • Gesellschafterbeschlüsse einer GmbH in Text- oder Schriftform auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter gefasst werden,
  • Beschlüsse der Mitglieder von Genossenschaften auch schriftlich gefasst werden.

All diese Erleichterungen gelten zunächst nur für derartige Maßnahmen und Vorgänge im Jahr 2020.


Wirtschaftliche Förderungsmaßnahmen

Über die bereits am 23.03.2020 verkündete Corona-Soforthilfe für Kleinstunternehmen und Soloselbständige“ der Bundesministerien für Wirtschaft und Verkehr und für Finanzen wird zur Stabilisierung von Unternehmen einer bestimmten Mindestgröße ein Wirtschaftsstabilisierungsfonds geschaffen. Beantragen können die Stabilisierungsmaßnahmen Unternehmen, die mindestens 2 von 3 der folgenden Kriterien erfüllen:

  • Bilanzsumme mehr als 43 Mio. €;
  • Jahresumsatz mehr als 50 Mio. €;
  • Belegschaft mehr als 249 Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt.

Der neue Wirtschaftsstabilisierungsfonds wird ermächtigt

  • zur Übernahme von Garantien bis zur Höhe von 400 Mrd. € zur Behebung von Liquiditätsengpässen von Unternehmen und zur Unterstützung der eigenen Refinanzierung am Kapitalmarkt,
  • zur Aufnahme von Krediten bis zur Höhe von 100 Mrd. € zur Rekapitalisierung von Unternehmen, einschließlich des Erwerbs von Anteilen Unternehmen und der Übernahme sonstiger Bestandteile des Eigenkapitals sowie
  • zur Gewährung von Darlehen bis zur Höhe von 100 Mrd. € zur Refinanzierung der von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zugewiesenen Sonderaufgaben.

Stabilisierungsmaßnahmen des Fonds sind bis zum 31.12.2021 möglich. Über die von dem Fonds vorzunehmenden Stabilisierungsmaßnahmen entscheidet auf Antrag das Bundesministerium der Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.

Darüber hinaus hält die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW, http://www.kfw.de) über ihre bisherigen Programme hinaus ein Sonderprogramm 2020 mit grundsätzlich unbegrenzten Mitteln vor, das aus verschiedenen Programmen in Abhängigkeit von Alter und Größe der betroffenen Unternehmen besteht. Die Antragstellung kann durchweg nur über die Hausbank erfolgen.


Mietrecht

Aufgrund der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie steht zu befürchten, dass Mieter von Grundstücken sowie von zu privaten oder gewerblichen Zwecken angemieteten Räumen womöglich finanziell nicht in der Lage sein werden, den Mietzins (rechtzeitig) zu bezahlen. Um die Mieter vor den rechtlichen Folgen zu schützen, die durch die Nichtzahlung des Mietzinses entstehen können, besteht für Vermieter ein zeitlich befristetes Kündigungsverbot für Zahlungsrückstände, die auf die Mietzeiträume vom 01.04.2020 bis zum 30.06.2020 entfallen, wenn die Nichtzahlung auf Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht.


Allgemeines Vertragsrecht

Verbraucher können die Erfüllung von Ihnen zu erbringender Leistungspflichten im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen bis zum 30.06.2020 verweigern, wenn dies andernfalls die Gefährdung des angemessenen Lebensunterhalts zur Folge hätte. Hiervon betroffen sind sogenannte wesentliche Dauerschuldverhältnisse. Darunter sind solche Vertragsverhältnisse zu verstehen, welche die Eindeckung mit Leistungen der angemessenen Daseinsvorsorge (z.B. Telekommunikation und Energieversorgung) betreffen.

Dies gilt unter gewissen Voraussetzungen entsprechend auch für Kleinstunternehmen sowie kleinere und mittlere Unternehmen in Bezug auf Dauerschuldverhältnisse, die zur Eindeckung mit Leistungen zur angemessen Fortsetzung des Erwerbsbetriebs erforderlich sind.

Zahlungspflichten bei Verbraucherdarlehensverträgen, die zwischen dem 01.04.2020 und dem 30.06.2020 fällig werden, können für die Dauer von drei Monaten unter Ausschluss eines hierdurch bedingten Kündigungsrechtes gestundet werden, wenn dem Verbraucher die Leistung aufgrund von pandemiebedingten Einnahmeausfällen nicht zumutbar ist.


Einen Überblick über die verabschiedeten Maßnahmengesetze im Volltext (Gesetzesentwürfe mit Stand ihrer Einbringung in den Bundestag am 25.03.2020 und mit Verweisen auf die Fundstellen der Bekanntmachung der verabschiedeten Gesetzes im Bundesgesetzblatt (BGBl. I Nr. 14 vom 27.03.2020, www.bgbl.de) finden Sie auch hier in unserem Blog.

Wir werden die laufenden und etwa geplante weitere Änderungsvorhaben weiter für Sie beobachten und bewerten. Für eine vertiefte Erörterung stehen Ihnen Ihre gewohnten Ansprechpartner jederzeit telefonisch oder per E-Mail zur Verfügung.

BROCK MÜLLER ZIEGENBEIN Rechtsanwälte Partnerschaft mbB