Gegenwind für Windenergie aus Luxemburg?

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat Zweifel daran, dass ein Fehler bei der Aufstellung eines Bebauungsplans für einen Windpark unbeachtlich ist und ein entsprechender Bebauungsplan somit „gerettet“ werden kann.

Das oberste deutsche Verwaltungsgericht sieht einen möglichen Verstoß gegen die europäische Umweltverträglichkeitsprüfungsrichtlinie (UVP-Richtlinie). Mit Beschluss vom 14. März 2017 legen die Richter den Rechtsstreit dem Europäischen Gerichtshof vor, um zu klären, ob deutsche Vorschriften zur Planerhaltung den Anforderungen des Unionsrechts genügen.

Hintergrund des Rechtsstreits

Hintergrund des Verfahrens ist eine Normenkontrollklage gegen einen Bebauungsplan, der die rechtlichen Voraussetzungen für vier zusätzliche Windenergieanlagen eines Windparks schaffen sollte. Der Bebauungsplan war wegen einer unvollständigen Bekanntmachung über die Auslegung des Planentwurfs rechtswidrig. Es fehlten die erforderlichen Angaben, welche umweltbezogenen Informationen bei der Gemeinde eingesehen werden konnten. Nach deutschem Recht wäre dieser Verfahrensfehler zunächst nach § 215 BauGB unbeachtlich, weil die Kläger diesen Fehler nicht innerhalb eines Jahres gegenüber der Gemeinde gerügt hatten. Das OVG Lüneburg hatte den Normenkontrollantrag daher abgelehnt.

Das Bundesverwaltungsgericht (kurz: BVerwG) sieht nun Klärungsbedarf, ob § 215 BauGB, ggf. der trotz Verfahrensfehler einen Bebauungsplan bestandskräftig werden lassen kann, mit der UVP-Richtlinie vereinbar ist. Im Anwendungsbereich der UVP-Richtlinie verlange das Europarecht einen Zugang zu einem Gericht, um die Rechtmäßigkeit eines Hoheitsaktes anzufechten. Nach einem Urteil des EuGH vom 15. Oktober 2015 dürften ferner Klagegründe nicht durch nationales Recht beschränkt werden. Das BVerwG hält daher eine europarechtlich unzulässige Beschränkung des Rechtsschutzes insoweit für möglich.

Auswirkungen auf die Praxis

Die Entscheidung des EuGH birgt insbesondere Risiken für Gemeinden und Investoren von Windenergieanlagen. Verstöße gegen § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BauGB sind in der Praxis verbreitet. Das BVerwG hat mit Urteil vom 18.07.2013 entschieden, dass bei der Auslegung von Bebauungsplänen die Umweltthemen nach Themenblöcken zusammenzufassen und in der ortsüblichen Bekanntmachung schlagwortartig zu charakterisieren sind. Diesen strengen Anforderungen genügen viele Bebauungsplanverfahren nicht. Durch die Vorschrift des § 215 BauGB wurden insoweit zahlreiche sog. notleidende Bebauungspläne gehalten. Gegner von Windparks hätten bei Rechtsstreitigkeiten gegen Windenergieanlagen ggf. ein zusätzliches, taugliches Angriffsmittel, wenn der EuGH die UVP-Richtlinie eng auslegen und damit den Anwendungsbereich von § 215 BauGB entsprechend beschränken sollte. Die Entscheidung des EuGH ist daher mit Spannung zu erwarten.

Nachtrag

Zwischenzeitlich hat der Antragsteller seinen Normenkontrollantrag zurückgenommen. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 01.03.2018 – 4 CN 1.18 – das Verfahren eingestellt, so dass der EuGH über die Vorlagefrage nicht mehr entscheiden wird. Die durch das Vorabentscheidungsersuchen entstandene Rechtsunsicherheit wird damit weiter andauern.

Dr. Johannes Badenhop