Kein pauschales "Recht auf Datenkopie"

Zum Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO und dem „Recht auf eine Kopie“

BAG Urteil vom 27.04.2021 – 2 AZR 342/20

Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Verfahren, das wir über sämtliche Instanzen auf der Seite des Arbeitgebers geführt haben, entschieden, dass ein ehemaliger Mitarbeiter nicht ohne Weiteres auf Herausgabe einer Kopie sämtlicher E-Mails klagen kann, die personenbezogene Daten über ihn enthalten. Das Verfahren haben wir im Rahmen einer arbeitsrechtlichen/datenschutzrechtlichen Taskforce begleitet durch die Partner Dr. Max Wellenreuther (Arbeitsrecht) und Dr. Christian Wolff (Datenschutzrecht).

Mittlerweile wird der Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO, der in Abs. 3 auch das Recht auf Erteilung „einer Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind“ vorsieht, häufig in arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen als Druckmittel verwendet, ohne dass abschließend geklärt wäre, was dieser Anspruch tatsächlich beinhaltet. Aus Sicht der Anspruchsteller wird in der Regel vorgetragen, einen Anspruch auf Kopie sämtlicher Verarbeitungsvorgänge zu haben, die sich auf personenbezogene Daten beziehen. Insbesondere – jedoch nicht nur – wird dies relevant im Rahmen der geführten E-Mail-Korrespondenz. Da bereits die E-Mail-Adresse des jeweiligen Mitarbeiters ein personenbezogenes Datum ist, wären ggf. auch sämtliche von ihm versandte, an ihn gerichtete oder andere E-Mails, in denen der Mitarbeiter (oder seine E-Mail-Adresse) auch nur genannt wird, als personenbezogene Daten zu betrachten. In der Folge wird nun häufig vom Arbeitgeber pauschal verlangt, all diese E-Mails zusammenzutragen, zu kopieren und dem ehemaligen Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen.

Dies begegnet erheblichen rechtlichen Bedenken und wird praktisch im Unternehmen kaum darstellbar sein. Im Mittelpunkt der Diskussion steht die Frage, wie das Recht auf „eine Kopie“ zu verstehen ist. In Übereinstimmung mit einigen Datenschutz-Aufsichtsbehörden sehen wir in dieses Recht nur als sehr eingeschränkten Anspruch, der sich im Wesentlichen darauf bezieht, zunächst eine strukturierte Auskunft über verarbeitete Daten in Kopie vorzulegen – nicht jedoch alle denkbaren Daten herauszusuchen, zu kopieren und dem ehemaligen Mitarbeiter damit u.a. nahezu seine vollständige dienstliche E-Mail-Korrespondenz zur Verfügung zu stellen.

Die Vorinstanzen hatten den Anspruch des ehemaligen Mitarbeiters bereits verneint. Das Bundesarbeitsgericht hat sich nun zwar nicht inhaltlich zur Auslegung von Art und Umfang des Rechts auf „eine Kopie“ nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO geäußert; dennoch stärkt die Entscheidung die Position des Arbeitgebers. Denn das Bundesarbeitsgericht befand den Klagantrag, gerichtet auf „Überlassung einer Kopie von E-Mails“, als nicht hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Kläger hätte vielmehr die begehrten E-Mails so genau bezeichnen müssen, dass eine spätere Vollstreckung eines etwaigen Urteils möglich wäre. Hieran fehlte es.

Praktisch wird diese Entscheidung dazu führen, dass künftig bereits erstinstanzlich pauschale Klagen dieser Art wohl schon mangels hinreichender Bestimmtheit des Antrags abgewiesen werden. Zwar ist dies noch nicht die ersehnte verbindliche Klärung, was der europäische Gesetzgeber genau unter dem Recht auf „eine Kopie“ versteht; ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu mehr Rechtssicherheit im Umgang mit datenschutzrechtlichen Auskunftsansprüchen ist damit jedoch getan. Eine schlussendlich inhaltliche Bewertung des Rechts auf „eine Kopie“ im Sinne der DSGVO wird dann ohnehin nur der EuGH vornehmen können (und dürfen).

Dr. Max Wellenreuther                        Dr. Christian Wolff