Beamtenrecht: Kein vorschnelles Verbot der Führung der Dienstgeschäfte

Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts (12. Kammer) vom 19.09.2023 – 12 B 45/23

I. Rechtlicher Hintergrund

Aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) folgt das Recht der Beamten auf eine amtsangemessene Beschäftigung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können Beamte fordern, „dass ihnen Funktionsämter, zum einen ein abstrakt-funktionelles und zum anderen ein konkret-funktionelles Amts, d. h. ein entsprechender Dienstposten, übertragen werden, deren Wertigkeit ihrem Amt im statusrechtlichen Sinne entspricht“ (BVerwG, Beschluss vom 31.07.2019 – BVerwG 2 B 56.18 -, Rn. 7). Dies gilt gleichermaßen für alle Beamten, insbesondere Bundes-, Landes-, Kreis- und Kommunalbeamte.

Allerdings kann es in bestimmten Situationen notwendig sein, einem Beamten die Führung der Dienstgeschäfte zu verbieten. Die Gründe hierfür können vielfältig sein, im Wesentlichen sollen jedoch drohende Schäden abgewendet werden. Hierzu hat der Gesetzgeber in § 66 Bundesbeamtengesetz (für die Bundesbeamten) bzw. § 39 BeamtStG (insbesondere für die Landes-, Kreis- und Kommunalbeamten) vorgesehen, dass die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde einem Beamten aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verbieten kann. Zweck der Regelung ist primär effektive (dienstrechtliche) Gefahrenabwehr. Unter welchen Voraussetzungen „zwingende dienstliche Gründe“ vorliegen, hat der Gesetzgeber indes nicht definiert. Hierbei handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der gerichtlich vollumfänglich nachgeprüft wird.

II. Die Entscheidung des VG Schleswig

In seiner Eilentscheidung vom 19.09.2023 hatte dasVG Schleswig (Az.: 12 B 45/23) die Gelegenheit, die Voraussetzungen des § 66 Bundesbeamtengesetz zu konkretisieren. Allgemein sind hiernach zwingende Gründe gegeben, „wenn bei weiterer Ausübung des Dienstes durch den Beamten auf seinem bisherigen Dienstposten der Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigt würde oder andere gewichtige dienstliche Nachteile ernsthaft zu besorgen wären.“ Angesichts der zu befürchtenden Nachteile darf es für den Dienstherrn nicht zumutbar sein, die abschließende Klärung und Entscheidung abzuwarten. Wie auch sonst im Gefahrenabwehrrecht kommt es nicht auf ein Verschulden des einzelnen Beamten an.

In der Sache hatte die Antragsgegnerin auf den Gesundheitszustand des Beamten abgestellt und ausgeführt, dass die Wiederherstellung der vollen Dienstfähigkeit des Beamten für den Polizeivollzugsdienst bzw. allgemeinen Verwaltungsdienst innerhalb der maßgeblichen Fristen nicht in Betracht komme. Aufgrund eines sozialmedizinischen Gutachtens war die Antragsgegnerin auch von der Dienstunfähigkeit des Beamten überzeugt. Dieser hatte auch verschiedene Angebote der Antragsgegnerin zur Wiedereingliederung ausgeschlagen und nicht versucht, der Antragsgegnerin seine Dienstleistung anzubieten. Damit hätte die Dienstherrin – statt eines Verbots nach § 66 Bundesbeamtengesetz - auch eine Zurruhesetzungsverfügung für sofort vollziehbar erklären können. Dem VG Schleswig erschloss sich auch nicht der Zweck, der mit dem Verbot nach § 66 Bundesbeamtengesetz verfolgt wurde, da die Versetzung in den Ruhestand nicht lediglich erwogen und Zeit zur abschließenden Sachprüfung benötigt wurde.

III. Rechtliche Folgen

Die Entscheidung verdeutlich, dass Verbote zur Führung der Dienstgeschäfte nur unter bestimmte Voraussetzungen zulässig sind. Insbesondere muss der Dienstherr prüfen, ob „zwingende gesetzliche Gründe“ für ein Verbot vorliegen. Darüber hinaus muss hierbei auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. Im Falle einer Dienstunfähigkeit muss insbesondere das Verhältnis einer Zurruhesetzungsverfügung und einem Verbot zur Führung der Dienstgeschäfte berücksichtigt werden.

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Dr. Jan-Philipp Redder