Beamtenrecht: Weisungsbefugnisse bei Fortbildungsmaßnahmen

Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts (12. Kammer) vom 19.09.2023 – 12 B 45/23

I. Rechtlicher Hintergrund

Nach § 62 Abs. 1 Satz 2 Bundesbeamtengesetz sind Beamte verpflichtet, die dienstlichen Anordnungen ihrer Vorgesetzten auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Diese Folgepflicht gilt insbesondere auch für Landes-, Kreis und Kommunalbeamte nach § 35 Abs. 1 Satz Beamtenstatusgesetz. Hierbei handelt es sich um eine beamtenrechtliche Kernpflicht, die in den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne des Artikel 33 Abs. 5 Grundgesetz wurzelt. Verstöße gegen die Folgepflicht können disziplinäre Maßnahmen nach sich ziehen. Die Folgepflicht gilt jedenfalls dann nicht, soweit die Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind (vgl. § 62 Abs. 1 Satz 3 Bundesbeamtengesetz, § 35 Abs. 1 Satz 3 Beamtenstatusgesetz). Bedenken gegen die Rechtsmäßigkeit dienstlicher Anordnungen haben Beamte unverzüglich auf dem Dienstweg geltend zu machen (§ 63 Abs. 2 Satz 1 Bundesbeamtengesetz, § 36 Abs. 2 Satz 1 Beamtenstatusgesetz).

Zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer dienstlichen Anweisung bedarf es einer Rechtsgrundlage, soweit die Weisung in verfassungsrechtlich geschützte Belange des Beamten eingreift (vgl. OVG Bautzen, Beschluss vom 30.01.2020 – 2 B 311/2019 -). Bei Fortbildungsmaßnahmen ist § 22 Landesbeamtengesetz Schleswig-Holstein zugrunde zu legen. Hiernach sind Beamte verpflichtet, an der dienstlichen Fortbildung teilzunehmen und sich selbst fortzubilden. Der Dienstherr hat durch geeignete Maßnahmen für die Fortbildung der Beamten zu sorgen.

II. Entscheidung des VG Schleswig

In einer vom VG Schleswig zu entscheidenden Fallkonstellation hatte der Antragssteller einen Antrag auf Erholungsurlaub gem. § 2 Abs. 1 Erholungsurlaubsverordnung gestellt. Zur Notwendigkeit dieses Erholungsurlaubs hatte der Antragssteller u.a. vorgetragen, dass er diesen wahrnehmen müsse, um sein Bachelor-Studium der Informatik abschließen zu können. Andernfalls könne er den Abgabetermin für ein Kapitels seiner Facharbeit nicht einhalten. Allerdings räumte er zugleich ein, dass ihm die Bearbeitung auch während des Dienstes möglich sei.

Der Antragssteller beantragte beim VG Schleswig, dass der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben werde, sicherzustellen, dass er für einen bestimmten Zeitraum Erholungsurlaub nehmen und daher dem Dienst fernbleiben könne.

Das VG Schleswig lehnte den Antrag ab. Der Antragsteller habe nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass ihm schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden. Der Lehrgang erstrecke sich lediglich auf einen Zeitraum von weniger als drei Wochen und finde am Wohn- und Dienstort des Antragstellers statt. Selbst wenn die Nichtteilnahme an dem Lehrgang eine Disziplinarmaßnahme zur Folge hätte, entstünde dem Antragsteller kein unzumutbarer Nachteil durch das Zuwarten auf eine Hauptsacheentscheidung. Zudem bestehe die Aufgabe des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens nicht darin, „das Verhalten eines Beamten im Vorhinein dergestalt rechtlich abzusichern, dass ihm Schutz vor einem möglichen Disziplinarverfahren zuteil wird“.

III. Rechtliche Folgen

Fortbildungsmaßnahmen kommt auch im öffentlichen Dienst Bedeutung zu. Allerdings unterliegt die Fortbildungspflicht des Beamten gewissen Grenzen. Wenn sich Beamte gegen eine Fortbildungsanordnung wehren möchten, wird regelmäßig nur Eilrechtsschutz in Betracht kommen. Prüfungsmaßstab ist dann v.a., ob die Teilnahme an der Fortbildung für den Beamten unzumutbar ist. Hierbei werden alle Umstände des Einzelfalls ausgewertet. Die Entscheidung verdeutlicht, dass hierfür gewichtige Gründe vorgetragen werden müssen. Potentielle Disziplinarmaßnahmen, die mit der Nichtbefolgung der dienstlichen Anordnung einhergehen, reichen dafür nicht aus.

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Dr. Jan-Philipp Redder