Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – neue Pflichten für Unternehmen ab 2023

Am 01.01.2023 tritt das neue

Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten vom 16.07.2021 (Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz) in Kraft. Unternehmen mit Sitz im Inland und mindestens 3.000 Arbeitnehmern – ab 01.01.2024 mindestens 1.000 Arbeitnehmer – werden hierdurch umweltbezogene und menschenrechtliche Verpflichtungen auferlegt, deren Nichtbefolgung empfindliche Konsequenzen nach sich ziehen kann – einschließlich Bußgeldern in Millionenhöhe. Inwiefern es zu Verschärfungen durch EU-Vorgaben kommt, bleibt derzeit noch abzuwarten.

Die unternehmerische Pflicht, Maßnahmen zur Vermeidung von Gesetzesverstößen zu treffen, ist in der Sache nicht neu. Mit § 130 OWiG hat der Gesetzgeber bereits gezeigt, dass Verstöße gegen die unternehmerische Aufsichtspflicht als Ordnungswidrigkeit geahndet werden können. Nunmehr hat sich der Gesetzgeber für eine deutliche Erweiterung der unternehmerischen Pflichten ausgesprochen. Die o.g. Unternehmen müssen zukünftig prüfen, ob etwa der Arbeitsschutz entlang der Lieferkette hinreichend beachtet wird. In Abschnitt 2 des LkSG hat der Gesetzgeber hierzu zahlreiche Sorgfaltspflichten normiert: Allgemein sind Unternehmen gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 LkSG verpflichtet, in ihren Lieferketten die in Abschnitt 2 des Gesetzes festgelegten menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten mit dem Ziel, menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Risiken vorzubeugen oder sie zu minimieren oder die Verletzung menschenrechtsbezogener oder umweltbezogener Pflichten zu beenden. Diese Sorgfaltspflichten enthalten eine Reihe von Maßnahmen, die jeweils näher beschrieben werden:

  • die Einrichtung eines Risikomanagements,
  • die Festlegung einer betriebsinternen Zuständigkeit,
  • die Durchführung regelmäßiger Risikoanalysen,
  • die Abgabe einer Grundsatzerklärung,
  • die Verankerung von Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich und gegenüber unmittelbaren Zulieferern,
  • das Ergreifen von Abhilfemaßnahmen,
  • die Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens,
  • die Umsetzung von Sorgfaltspflichten in Bezug auf Risiken bei mittebaren Zulieferern und
  • die Dokumentation und die Berichterstattung.

Auch wenn der Gesetzgeber diese Sorgfaltspflichten näher ausgestaltet hat, bleiben zahlreiche unternehmerischen Risiken bestehen. Wann wird ein menschenrechtliches bzw. umweltbezogenes Risiko „aufgrund tatsächlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit“ begründet (§ 2 Abs. 2, Abs. 3 LkSG)? Wann genau handelt ein Unternehmen „angemessen“ zur Wahrung seiner Sorgfaltspflichten (§ 3 Abs. 2 LkSG)? Ist das Risikomanagement im Einzelfall tatsächlich wirksam (§ 4 Abs. 2 LkSG)? Diese und weitere Fragen werden früher oder später die Gerichte beschäftigen. Die Risiken liegen bei den Unternehmen, die bei Normverstößen mit einem Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge (§ 22 LkSG), Zwangsgeldern (§ 23 LkSG) und Bußgeldern (§ 24 LkSG) rechnen müssen. Verstöße können dabei nicht nur durch – vorgesehene – behördliche Überprüfungsmaßnahmen ans Licht kommen, sondern auch durch interne Hinweisgeber. Zwar hat der Gesetzgeber lediglich die unternehmerische Pflicht normiert, ein internes Beschwerdeverfahren einzurichten (§ 8 LkSG) – dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass nach den Vorgaben der EU-Whistleblowing-Richtlinie auch Meldungen an behördliche Stellen möglich sind. Kommt es hierauf beruhend zu eingehenderen Untersuchungen, z.B. in Form von Betriebsdurchsuchungen, die öffentlich bekannt werden, kann der immaterielle Schaden immens sein.

Sie haben Fragen im Zusammenhang mit dem neuen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz? Sprechen Sie uns gerne an.

Dr. Fiete Kalscheuer                                                  Dr. Jan-Philipp Redder